Bilder im Bett #2

In Bilder im Bett #1 ging es um Bezüge zwischen individuellen und kollektiven Bildern, die wir von Sex und Heilung haben. Wo geht denn jetzt die Reise hin, wenn wir diese Prägungen ausatmen wollen?

Bilder als Orientierung auf dem Heilungsweg

Heilungswege sind Wege, die wir ins Ungewisse hinein tun müssen. Es wäre ja keine Heilung, wenn wir schon vorher wissen könnten, was uns erwartet… und unterwegs sind Bilder nicht immer hinderlich. Sie können genau jene neuen Informationen liefern, nach denen wir suchen. Das sind wohl nicht die Bilder, die wir überall finden, aber es mögen kleine, unerwartete Begegnungen und Eindrücke sein, wo wir es nicht erwarten. Wenn wir unsere Sinne für Findungen öffnen, können wir auch seltene, heimliche und verschwiegene Bilder entdecken, die in einer zärtlichen Sprache zu uns sprechen. Ja ja, das Universum. Hier arbeitet das ganze Feld der berühmten „Zufälle“ für uns… In diesem Sinne können Bilder uns neu orientieren, und das kann auch für statt gegen unsere Heilung arbeiten.

Natürlich sind Bilder nicht so ewig wie das Leben selbst – nicht einmal so langlebig wie wir. Sie können eine temporäre Hilfe sein – wir atmen ihre Bedeutung ein und verkörpern sie im Laufe der Zeit – dann entwachsen wir ihnen und laufen ohne sie weiter. Der Sex selbst – dem wir ja eine gewisse Kompetenz in Sachen Leben zugute halten müssen – ist viel zu intelligent, um auf die Sprache einzelner Bilder angewiesen zu sein. Zum Glück! Sex wäre ja doch ein recht ärmliches Ding, wenn ihm für Milliarden Menschen nur ein Dutzend Möglichkeiten einfielen, oder?

So läuft es letzten Endes doch darauf hinaus, dass wir Bilder von Sex und Heilung loslassen werden, auch wenn wir sie vorübergehend nutzen konnten.

Abschied von Bildern – und dann?

Frauen sind seltsam zäh darin, sexuelle Empfindungen als Problem zu behandeln, sobald ihr inneres Erleben abweicht von dem, was sie glauben erleben zu müssen (was sie glauben, was alle anderen nämlich erleben). Anstatt sich die Bilder vom „mind-blowing sex“ aus dem Mind zu pusten, behaupten sie lieber, „zu wenig“, „zuviel“ (häufiger, als wir glauben), „komisch“ oder „falsch“ zu erleben.

Wenn wir in Einzelsessions an dieser Stelle genauer hinschauen, ist das Problem tatsächlich nicht, was der Körper der Frau erlebt, sondern was der Kopf der Frau stattdessen glaubt erleben zu sollen.

Unter der Oberfläche von Gewohnheiten wird deutlich, dass jede Frau eine Menge in ihrem Körper spürt. Selbst wenn sie eine Menge Angst oder „Nebel“ oder „Widerstand“ spürt, muss sie sich doch eingestehen, dass sie eine Menge spürt. Und damit hat man bereits Material, um zu „arbeiten“ und zu heilen.

Spüren, Spüren, Spüren

Kann ich den Unterschied deutlich machen, von dem ich hier schreibe? Genussvoller Sex kommt um die körperlichen Empfindungen nicht drumrum. (Nicht wahr – warum sollte er das auch wollen?) Und obwohl uns soweit alles klar und logisch erscheint, können am entscheidenden Ort, nämlich im Bett, plötzlich Bilder auf uns einstürmen, durch die wir eben doch vom Körper wegrutschen und uns einer ominösen Fantasie darüber unterordnen, was jetzt „normal“ oder „besser“ wäre.

Sicherlich denken wir uns darin verschiedene „Normalitäten“ aus, landen jedoch am Ende – unglücklich vereint – im selben Ergebnis: Unser körperliches Erleben versinkt unter Bewertungen, bis wir daran zweifeln können, ob es überhaupt existiert.

Was tun?

Weniger tun, erheblich weniger tun. Und das auch noch bedeutend langsamer als bisher.

Und dann?

Dann ist es eine Frage der Zeit.

Denn dann geschieht für alle körperlichen und sexuellen Erweckungen auf diesem Planeten derselbe Prozess: Die alte Taubheit verdichtet und vertieft sich… die alten Muster beginnen zu sterben… dieses Sterben weckt Angst und Zweifel im Kopf… eine neue Lebendigkeit beginnt, in unseren Körpern zu schimmern… die Begeisterung nimmt ihren Lauf:-)

Die Schätze unter der Taubheit finden

Taube und „irgendwie leere“ Bereiche in unseren Körpern sind ja so eine Sache. Sie sind ein direktes Produkt der Körper-Bilder, so als hätten wir die Flut an Ein-drücken aus-gedruckt und uns auf die Bäuche und Yonis gelegt und dort, alles versammelt, drückt es uns das Spüren platt.

Taubheit und Leere sind also ein direkter Kanal zu wertvollen-kraftvollen-heilsamen Orten in uns, und für jede Körpertherapeutin sind sie ein willkommenes Signal, dass man einem bedeutsamen Thema auf der Spur ist. Nicht auf das Unlebendige und Uninteressante weist es uns hin, sondern im Gegenteil auf gesunkene Schätze, die unser Leben reich machen, wenn es uns gelingt, sie an die Oberfläche zu locken.

Während wir in der Bilderwelt nach Orientierung suchen, geht unterhalb von Bildern das Finden erst so richtig los…

Dieser Schritt, sich unterhalb von Bildern und unterhalb von Körper-Bildern auf die eigenen Empfindungen einzulassen und sie für voll und wichtig zu halten, gerade wenn sie leer und vernachlässigt sind, kann ich gar nicht genug betonen.

Aus diesem Clou („Leute, spürt eure Körper!“) sind einige unserer besten Methoden für Heilung entstanden. Nur zwei von ihnen will ich hier erwähnen: Somatic Experiencing ® von Peter Levine und Focusing von Eugene Gendlin. Beide Methoden haben einen hervorragenden Ruf. Weil sie uns in astrale Dimensionen beamen, unsere Inkarnationslinien erlösen oder unsere Zukunft erkennen können? Nein. Weil sie uns an die Hand nehmen, um uns in das Fundament unseres Lebens führen: körperliche Empfindungen zu spüren statt zu unterdrücken.

Körper-Empfindungen sind nicht eine Möglichkeit, um lebendiger zu werden, sondern DIE Möglichkeit. Und was sollte mit Lebendigkeit zu tun haben, wenn nicht sexuelle Heilung?

Sexuelle Heilung ist die Reise einer Lebens-Heldin, weil sie zurückkehrt in ihren eigenen Körper. Weil sie wieder in ihre Heimat hineinsinkt, durch den Bluff einer Bilder-Welt taucht und ihr körperliches Leben freispricht von Vergleichen, Bewertungen und Beschuldigungen.

Welches Setting ist geeignet, um sexuelle Bilder aufzulösen?

Für tiefe Prozesse der Transformation ist grundsätzlich wichtig, dass der Raum, in dem sie stattfinden sollen, ein geborgener Raum ist. Du solltest gern in diesem Raum sein (was auch immer das für dich bedeutet). Er sollte vertraut und angenehm sein, unaufdringlich und freundlich.

In Bezug auf Heilungsräume würde ich sogar sagen: Wir müssen uns wohlfühlen in ihnen. Denn wenn sich unsere Körper nicht wohlfühlen, werden sie uns ihre Schätze nicht öffnen.

Wir müssen unsere Körper aus dem gewohnten „Überlebensmodus“ rausholen, wenn wir heilen wollen (und ja, das ist u.U. eine Wissenschaft für sich). Heilung, so essentiell sie auch ist, wird erst freigeschaltet, wenn die basalen Instinkte und Bedürfnisse nach Geborgenheit befriedigt sind. Welchen Raum auch immer du für dich wählst, es sollte einer sein, in dem dein Körper ausruhen kann und sogar schlafen könnte, weil er sich sicher fühlt. Sobald Geborgenheit da ist, ist das Fundament da, auf dem uns echte Flügel wachsen können.

Welche Dinge, Räume oder Menschen wecken für dich Geborgenheit?

Hier entlang geht es zu Bilder im Bett #1. Und in Bilder im Bett #3 werde ich konkreter auf einige Techniken eingehen, die wir anwenden können, um „Bilder auszuatmen“.

©Ilan Stephani